Vergiss die Mütze nicht!!- Sonnencreme, Mütze, Schuhe - ist das immer nötig?

Und was denkt eine Mutter zu dem Thema?
Siehe mama mia dazu: Teil 1 von unserem "kontrabloggen"
In New York hat dieser Tage die UN-Vollversammlung getagt. Das Treffen der oftmals zerstrittenen, immer aber von eigenen Interessen geleiteten Staatsmänner steht im Ruf, ein Spielfeld der diplomatischen Intrige zu sein. Mit Verlaub: ich sage die Herren und Damen von der UN sollen mal bei uns zur Lehre gehen. Wie im Haus Paparockt gefeilscht und manipuliert wird spottet jeder Beschreibung. Der Motor dieser Umtriebe ist ein Unterschied im Grad der Bemutterung.
Die Frage also: Wie viele gut gemeinte Vorschriften machen wir den Kindern, und wann lassen wir Fünfe gerade sein, lassen die Kleenen sich austoben, hedonistisch Faulenzen oder einfach mal im Sommer ohne große Vorbereitung aus der Tür rennen, um im Garten so wild zu toben wie es ihnen einfällt. Mama hat ihre Ansichten, ich habe meine. Und unser Kleener weiß haargenau, wie er uns gegeneinander ausspielt. Dabei ist das nicht nötig. Mama muss nur mal locker werden.

Take it easy, Grund 1: es geht alles vorbei

Was genau ist hier verboten? Babys auf Gepäckbändern?
Denn: Wir alle stehen auf verlorenem Posten, wenn wir unseren Kindern Vorschriften machen wollen, ganz gleich wie gut sie gemeint sind. Ich weiß, dass Süßigkeiten nicht das Beste sind für die Zähne, den Stoffwechsel und den BMI. Meinem Kind ist das egal, und mit jedem Tag, den es älter wird, gilt mein Rat ein bisschen weniger. Letztes Jahr war mein Wort noch Gesetz, irgendwann fing er an zu schummeln, jetzt fragt mein Sohn gezielt Mama, die in den Dingen etwas großzügiger ist. Eines Tages bekomme ich nur noch ein genervtes "JaHaa" zu hören, wenn ich etwas verbieten (oder anordnen will).

Das soll nicht heißen, dass wir alle sofort aufgeben und die Kinder ab sofort rumlaufen wie, wann und wo sie wollen. Wir sollten uns aber darüber im Klaren sein, dass wir Teil eines Prozesses sind, der ein bisschen ist wie der Sand im Getriebe einer Familie. Gemecker, Gezeter und Machtkämpfe, die im Endeffekt auf ein unausweichliches Ende hinführen. Mir hilft es, das im Hinterkopf zu behalten, wenn der Kleene mal wieder mit breitem Grinsen die Kindersicherung seiner Tür ausschaltet (ein Punkt, wo Mama weniger streng ist als ich es bin). Oft gibt es auch Wichtigeres, als sicher zu stellen dass unser Kind im Mai dick sonnengecremt ist. Spontanität und Eigenverantwortung sind Werte, die man leben muss um sie zu vermitteln.

Take it easy, Grund 2: die Sache mit der UN

Es ist wie oben erwähnt: einer von uns ist streng, der andere nicht. Mein Sohn, schlau wie er ist, hat ein feines Gespür für die Taktiken, um daraus Gewinn zu schlagen. Den "richtigen" Elternteil fragen, wenn man was will. Oder im richtigen Augenblick in großes Geheule auszubrechen, wenn Papa was verbietet und Mama gerade ins Zimmer kommt. Das funktioniert toll, ruiniert die Stimmung und ist ein guter Grund dafür, nix mehr zu verbieten.
Warum genau braucht dieses Kind einen Helm?
Wären Ellenbogenschoner nicht die bessere Wahl?

Take it easy, Grund 3: Angst ist ein schlechter Ratgeber (und essen Seele auf)


Ich glaube der wichtigste Grund, warum wir mit größerer Gelassenheit an Fragen wie die nötige warme Kleidung an einem windigen Tag, Sonnencreme an warmen, Helme beim Laufradfahren und die ganzen anderen Vorsichtsmaßnahmen herangehen sollten, zeigt sich beim Blick über den großen Teich in die USA. Die Leute dort haben viel mehr Angst (medienbedingt oder aus einem anderen Verständnis von Verantwortung und staatlicher Kontrolle von Gefahren). Eltern vor allem scheinen zu glauben, dass ihren Kindern auf dem Weg zum Bäcker Mord, Totschlag, Drogen und Gewalt drohen. Das kann nicht gut sein. Weder für die Eltern, noch die Kinder.
Angst ist ein Krankheitsrisiko, und kein unerhebliches. Dazu kommt, dass wir aus biologischen Gründen wirklich schlecht darin sind, Risiken einzuschätzen. Wir sorgen uns mehr um eindrucksvolle Gefahren, die extrem unwahrscheinlich sind, als vor alltäglichen, die genau so tödlich sind. Zudem leben wir in einer sehr sicheren Gesellschaft (sowohl im historischen als auch im regionalen Vergleich). Es ist nicht leicht, sich von der Angst zu lösen. Aber es ist es wert, und für die Nervöseren unter uns (oft sind das eben die Frauen) könnte es für die eigene Gesundheit entscheidend wichtig sein.
Das ist leichter gesagt als getan. Es braucht Arbeit. Ein Schritt in die richtige Richtung ist es, nicht mehr ganz so streng zu sein, was die Handschuhe im Herbst, Sonnenmütze im Frühling, das Verbot von Klettern auf Bäumen und dergleichen angeht. Vertrauen lernen müssen Eltern genau so wie Kinder - vertrauen darin, dass die Kleinen sich nicht sofort umbringen, wenn wir ihnen den Rücken zuwenden.

Ein kleines Caveat noch zum Abschluss: natürlich ist es mein Job, mein Kind vor den Gefahren zu schützen, die er nicht sehen kann. Für ihn voraus zu denken, die Lebenserfahrung zu nutzen, die er noch nicht haben kann. Es ist auch Elternschicksal, nachts wach zu liegen und zu grübeln, sich Sorgen zu machen. Keine Frage: ich werde auch morgen und jahrelang der Spaßverderber sein müssen ("Nein, den Föhn nimmst Du nicht mit in die Wanne!"). Aber bei den kleinen Dingen (Mütze, Handschuh,...) müssen wir uns locker machen. Mamas allen voran.


Bilder: von lars hammartreadwww.kankuna.de

Kommentare

  1. Klingt sehr einleuchtend. Aber ist locker machen wirklich so einfach? Wenn ich doch die Folgen schon kenne? Und weiß, dass diese Folgen auch mich treffen (Fehltage auf der Arbeit weil Kind krank)? Und überhaupt: Das Bemuttern-Müssen ist doch ein Instinkt. Das fühlt sich nicht richtig an, den zu unterdrücken!
    LG Mama Mia

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  2. hmm... interessant... schon alles einleuchtend... aber wenn ein kind die mütze nicht aufhat (weil papa ja kein spaßverderber sein möchte) und deswegen in den nächsten tagen mit ner mittelohrentzündung rumläuft, bzw die mama es zuhause dann "ausbadet" (und das kindchen dann ja bemuttern muss!), hat die medaille schon auch noch eine andere seite... natürlich gehören solche erfahrungen auch für kinder dazu, also das eigene handeln und die konsequenzen daraus zu erfahren und zu begreifen, aber "lockerer" wäre ich dann da bestimmt nicht.

    und ich kenne im übrigen einige überväter, die ihren kleinen hosenkacker von einer 50cm hohen babyrutsche nicht alleine rutschen lassen können, weil sie angst haben er tut sich was (und ich als erzieherin des kindes weiß aber, dass das kind das bereits kann)... schmunzeln inbegriffen...

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    1. Ja, elterliche Sorge ist keine exklusiv weibliche Eigenschaft. Es gibt Sachen, wo ich Mama an Nervosität übertrumpfe - und deswegen finstere Blicke ernte. Andererseits kenne ich auch ein Elternpaar, deren Siebenjähriger die halsbrecherischsten Kletterpartien machen darf (und schon immer gemacht hat). Er hat gelernt wo seine Grenzen sind, sie haben gelernt dass sie ihn nicht halten können. Eine sorglose Familie, die gar nicht mal so oft zur Notaufnahme muss.

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  3. Ah, jetzt sind wir schon fast bei buddhistischen Fragen. Müssen wir unser Leiden leben, um ganz Mensch zu sein, oder dürfen wir es als nicht-selbst ignorieren (http://de.wikipedia.org/wiki/Anatta). Oder, um mit Yoda zu sprechen: Pain leads to anger, anger leads to the dark side.
    Also: ein guter Jedi braucht keine Mütze.

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  4. Obwohl ich hier schon den beiden Seiten zu ihrem Recht kommen lasse,
    http://kinderjubel.blogspot.com/2012/01/dass-kinder-das-zusammenleben-mit-ihren.html

    ist es manchmal einfach nervig, immer der Mama Depp zu sein, weil der Vater sich weigert sich die Finger schmutzig zu machen.
    Wenn ich aber Paare erlebe, wo er genauso "spießig" auf tausend Regeln besteht, dann ertappe ich mich, wie ich mich frage, was aus dem armen Kind werden soll.
    Das Leben ist Widerspruch,
    Liebe Grüsse, Julia

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