Ältere Väter - ein unterschätzter Trend

Ich bin nicht mehr jung. Den Altersdurchschnitt im Landkreis habe ich schon um drei Jahre überschritten, ein paar graue Haare habe ich an den Schläfen. Mein erstes Kind hatte ich mit 35, was nicht gerade früh ist (2012 lag der Altersdurchschnitt* bei 34 Jahren - für alle Kinder, ob Erstgeborene oder folgende). Damit bin ich dem Trend ein Stück voraus - nicht nur Mütter werden im Schnitt immer älter bei der Geburt, Väter auch. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Geburten auch wieder zu. Ich behaupte, das hier ein Zusammenhang besteht, und dass es nicht das Schlechteste ist, wenn die Eltern älter werden.
Ältere Väter nehmen zu. Quelle: Bundesamt für Statistik, Schweiz, 2017

Nachteile älterer Väter


Zuerst zu den offensichtlichen Problemen älterer Eltern. Die Gefahr für Missbildungen, Komplikationen in der Schwangerschaft und psychische Erkrankungen der Kinder ist höher. Die Eltern selber sind physisch weniger belastbar - und Babies bedeuten Stress, Schlafentzug und viele, viele ansteckende Krankheiten.

Vorteile älterer Väter

Auch eine Reihe von Vorteilen liegt auf der Hand: die wirtschaftliche Situation ist mit 40 viel besser als mit 25. Das bedeutet bessere Förderung, bessere Versorgung und Pflege, aber auch mehr Zeit, die Vater und Mutter mit ihrem Nachwuchs verbringen können. Das macht viel aus. Wenn man will, kann man einem Paar Mitte 40 auch zugute halten, dass sie sowohl an Erfahrung als auch an Vernetzung besser aufgestellt ist als Eltern mit 25. Ich persönlich zumindest glaube, dass ich vor meinen ersten beiden Kindern weniger gut mit Frustration, Problemen und partnerschaftlichen Problemen umgehen konnte (was nichts an der Tatsache geändert hat, dass ich meine Scheidung nicht verhindert habe). Vielleicht macht mich das heute zu einem besseren Vater.

Trotzdem wird es komisch sein, mit dem Kinderwagen in der KiTa aufzukreuzen, und sich die Klinke in die Hand zu geben mit 20-jährigen Mädels (sorry, so kommt es einem vor), deren Kinder in der gleichen Spielgruppe sind. Und irgendwann wird auch der Punkt kommen, wo ich in die berüchtigte Betreuungs-Schere gerate: Kinder, die umsorgt werden wollen, und Eltern, die zunehmend Hilfe benötigen. Der Tag scheint weit entfernt, Gott sei Dank, aber wie mein Vater lakonisch meinte "Ab 80 kann alles passieren".

Eine Historie älterer Väter

Der Gedanke daran, mit Mitte 40 noch einmal Vater zu werden (und damit der derzeit älteste im Freundes- und Bekanntenkreis), hat mir auch vor Augen geführt, dass zumindest meine männlichen Vorfahren ebenfalls spät Väter geworden sind; einer meiner Großväter sogar im gleichen Alter wie ich - zum ersten Mal. Ich wünschte ich könnte mehr über die Geschichte erfahren, die sich leider im Nebel der Vergangenheit verliert. Er hatte auch nicht viel von seinem Elternglück, er kehrte nicht aus dem Krieg wieder. Doch es erinnert mich daran, dass es möglicherweise eine genetische Komponente zum spätem Vatertum gibt.

Die genetisch Komponente im später Vaterglück

Es ist schon länger bekannt, dass die Kinder älterer Väter mit höherer Wahrscheinlichkeit autistische Merkmale aufweisen. Zuerst wurde angenommen, dass es Schäden am Erbgut in den Spermien sind, die dafür verantwortlich sind. Doch statistische Analysen legen nahe, dass diese Erklärung nicht greift. Es scheint anders herum zu sein: Väter, die autistische Merkmale haben und vererben, werden später Väter. (Es ist auch bekannt, dass die Kinder von Männer in technischen Berufen tendenziell öfter diese Merkmale aufweisen.) Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang zwischen den sozialen Problemen, mit denen Menschen mit autistischen Merkmalen oft zu kämpfen haben, und der Zeit, die sie brauchen, um den/die Richtige zu finden, um eine Familie zu gründen.

Statistiken und Mutmaßungen sind allerdings kein guter Wegweiser, wenn ich die aktuelle Situation betrachte. Ich werden Vater, was fantastisch ist. Wir freuen uns unglaublich. Aber die Unsicherheit nagt gleichwohl: wird unser Kind gesund? Die grauen Haare an den Schläfen kommen nicht von ungefähr: Vater oder Mutter zu sein bedeutet auch, sich Sorgen zu machen.

*(von Vätern in der Schweiz)

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