Wahlfreiheit für Eltern: Teil 1 - Rechte für Männer

Die Entscheidung, Eltern zu werden, ist keine leichte. Beim zweiten Mal fällt es vielleicht leichter, oder vielleicht gerade nicht. Ich habe zwei Gedanken zum Thema, die mich zuerst stutzig machten - nennen wir es eine Art soziokulturelles Tabu, dass sie ansprechen - aber überraschend stimmig sind. Es geht um die Fragen:
  • Sollten Männer bei einer mitverursachten Schwangerschaft entscheiden dürfen, nicht Vater zu werden?
  • Sollten Eltern nach dem ersten Kind Schluss machen, oder ist das egoistisch?
Super-Vater, der Zeus. Verheiratet Thetis, nur um sie gefahrlos schwängern zu können.
Eines vorweg: ich bin der Meinung, dass das Vater-werden das beste war, was mir je passiert ist. Ich hätte gerne mehr als nur zwei Kinder. Bei beiden Fragen sollte die Antwort deshalb klar sein: gehet hin und mehret euch, liebe Geschlechtsgenossen.
Ich bin auch, wie angesprochen, politisch korrekt sozialisiert, glaube an die Rechte der Frau auf Selbstbestimmung ("glaube" ist das falsche Wort; es klingt als ob es nicht eine Tatsache wäre. Frauen haben das Recht, und die Diskussion darüber scheint mir antiquiert) und daran, dass Eltern sich anstrengen müssen, zu Gunsten ihrer Kinder zu entscheiden, wo ihre eigenen Wünsche betroffen sind. Wenn mein Schrat auswärts übernachtet und ich weiß, dass er vielleicht um Mitternacht doch lieber nach Hause möchte, kann ich mich halt nicht fahruntüchtig besaufen. 
Warum in aller Welt sollte ich also darüber grübeln, ob Männer die Vaterschaft eines Kindes ablehnen können sollten, oder ob es OK ist absichtlich Einzelkinder zu haben? 

Teil 1) Endet die Wahlfreiheit der Männer am Reißverschluss?

Sollten Männer die Vaterschaft eines Kindes ablehnen können, dass ungewollt gezeugt wurde? Sich von Unterhaltszahlungen befreien, die rechtlichen und sozialen Verpflichtungen ignorieren dürfen? Wie die meisten war auch mein erster Gedanke: natürlich nicht. Ihnen kommt eine Verantwortung zu, um die sie sich nicht drücken können. Das war früher auch völlig korrekt. Heutzutage stehen die Dinge etwas anders. Philosophen wie Elisabeth Brake argumentieren, dass Frauen die Wahl haben, ein Kind zu bekommen oder eben nicht, auch eines das "aus Versehen" auf den Weg gebracht wurde. Diese Wahl bestreitet kaum einer (nun, der Papst, aber lassen wir ihn mal außen vor), sie resultiert aus den medizinischen Veränderungen der letzten 50 Jahren, der Pille und der Pille danach. Konzepte wie die Babyklappe unterstreichen diese Wahlfreiheit der Mutter zusätzlich. 

Warum hat der Vater sie nicht? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Eine ungewollte Schwangerschaft ist (im Regelfall) von beiden Partnern gleichermaßen verschuldet. Die Folgen für das weitere Leben der Eltern sind in beiden Fällen gravierend. Abhilfe ist möglich. Ist die Zwangsvaterschaft ein Überbleibsel alter Überzeugungen und berücksichtigt die heutigen Möglichkeiten der Familienplanung nicht?

(Eine Notiz am Rande: Brake unterscheidet zwischen dem Vater ungeborenen Lebens und einem, der sich bereits für die Vaterschaft entschieden hatte und später raus will aus der Nummer - er kann sich aus dieser Verantwortung nicht mehr drücken, bliebe also etwa unterhaltspflichtig.)

Bitte unterstellt mir nicht, dass ich eine Änderung der Gesetze in diese Richtung befürworte. Aber die Frage stellt sich doch, warum hier ein solches Ungleichgewicht herrscht (das, wie der oben verlinkte Artikel zitiert und sicher jeder Mann bestätigen kann, eine Quelle von Angst, Verunsicherung und eines zwiespältigen Verhältnis zum Thema Kinderkriegen ist).

  • Eine Erklärung, die mich nicht sehr glücklich macht, wird auch gelegentlich für die Babyklappe benutzt: Mütter, auch werdende Mütter, haben die Möglichkeit, ihrem Kind Schaden zuzufügen. Würden sie zu einem Kind gezwungen, stiege die Zahl der Kindstötungen. Aus dieser Sachlage wird das größere Recht eher pragmatisch hergeleitet.
  • Das Argument, dass Mütter dieses Recht haben müssen weil es ihr Körper, ihr Leben ist, das durch das Baby verändert wird, ist zwar korrekt, stellt aber keinen Grund dar, dem Mann das gleiche Recht vorzuenthalten. Auch sein Leben wird stark verändert. Beschneidet dieses Recht das Recht der Mutter? Ich würde sagen nein - es bleibt ihr unbenommen, ein quasi vaterloses Kind zu haben, wenn der biologische Vater die Vaterschaft ablehnt. Die Mutter behält die Kontrolle über ihren Körper und ihr Leben, aber...
  • Sie wird vermutlich größere wirtschaftliche Probleme haben als eine Mutter, die Unterhaltszahlungen erhält oder einen Partner an ihrer Seite hat, und auch das ist eine Art von Beeinflussung, eine Einschränkung ihrer Rechte. Ich würde aber argumentieren, dass diese Einschränkung nicht so groß ist wie die des Vaters nach heutigem Recht, und das diese Recht durchaus  gegeneinander abgewogen werden können).
Wie gesagt, meine ursprüngliche Einstellung hat sich nach einigem Überlegen etwas gewandelt. Sehr im Gegensatz zu meiner Biographie übrigens: ich bin nicht gerade elegant in meine erste Vaterschaft hinein gegangen, und hätte ich wie oben erwähnt die Wahl gehabt, wer weiß ob ich nicht den Fehler begangen hätte meinen Sohn abzulehnen (und damit vielleicht die Mutter dazu zu bringen, Gleiches zu tun.) Ich sollte froh sein, quasi gezwungen worden zu sein.
Vielleicht übersehe ich auch einen zentralen Punkt, und die ganze Überlegung der Väterrechte ist Quatsch. Aber es schadet nicht, kritische Fragen zu stellen. Ein gutes Argument hält das aus, und um ein schlechtes ist es nicht schade.

Was mich im nächsten Post zur zweiten Selbstverständlichkeit bringt, die vielleicht nicht so klar ist wie gedacht: "Ein Kind ist nicht genug".

Kommentare

  1. Ok. mein langer Kommentar wurde irgendwie gelöscht. Nun noch einmal in Kürze:
    Wer genau trägt Kosten (indirekte und direkte)und die psychischen als auch physischen möglichen Schäden egal bei welcher Entscheidung? und bitte nicht mit der lächerlichen Kindesunterhaltdiskussion beginnen.Jeder zahlende Familienvater weiß dass es lächerliche Summen sind die dort aufgeführt werden. Darüber hinaus werden die KOSTEN der Mutter überhaupt nicht beglichen. Nirgendwo und in KEINER Form. dh der Vater beteiligt sich hälftig bei der Zeugung, hat dann JEDE Wahl und egal welche Wahl trägt niemals 50% der Kosten und will aber dafür dem anderen Part die Wahlfreiheit wegnehmen? Wer ist denn dann der der im Zweifel entscheidet? Ein Richter? Übernimmt der dann die Kosten für ein Fehlurteil? Übernimmt der Mann die Kosten bei einem Fehlurteil?
    Ich finde die Diskussion wird auf einem Level geführt auf dem unsere Gesellschaft noch LANGE nicht ist.

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    1. Hi,
      ich fürchte jetzt hab ich den Faden verloren. Von der Wegnahme der Wahlfreiheit der Frau seitens des Mannes war doch keine Rede - im Gegenteil, siehe den zweiten Bulletpoint ("Das Argument, dass Mütter dieses Recht haben...").
      Ich stimme aber zu: dieses ganze Überlegung ist schon ziemlich abstrakt und als Gesellschaft sind wie so weit noch lange nicht. Was nicht heißt, dass man nicht schon mal mit dem Nachdenken anfangen kann.
      rocktpapa

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  2. Wie gesagt, Mütter nehmen sich das Recht weil sie diejenigen sind, die die Folgen zu tragen haben (und mit Folgen meine ich jetzt nicht das Kind). Das Einzige was Männer versuchen können, ist eine Gesellschaft zu schaffen, in der eine Schwangerschaft und auch Kinder zu haben, nicht nachteilig für Frauen ist. Dann kann man wenigstens von echter Wahl sprechen.

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  3. Ich sehe das Ganze nicht als eine Frage des Gender-Krieges. Recht ist nichts, worüber man kämpfen kann, es existiert oder existiert eben nicht (die Durchsetzung ist es, die bisweilen umkämpft wird). Von daher bin ich auch nicht froh über Forderungen "Männer müssen" oder "Frauen müssen". Ich denke jemandem zu seinem Recht zu verhelfen ist eine Aufgabe für alle, Männer wie Frauen.
    Ich fürchte man kann das Kinder Kriegen immer als Nachteil deuten - es führt kein Weg an der Wahrheit vorbei, dass sie Zeit, Geld und Energie beanspruchen, die ein Mensch ansonsten in seine Karriere oder sein Vergnügen stecken könnte. Es fällt nicht schwer, das als Nachteil zu sehen (ich persönlich finde zwar, dass es keiner ist; dass Kinder mehr bringen als sie kosten, aber versuch das mal einem überzeugten Single zu erklären). Ich fürchte weiter, dass keine Gesellschaft das ändern kann. Kinder kosten, aber heutzutage sind Kinder eben eine Wahl (und das meine ich ernst - die Realtiäten sind da sehr deutlich. Die Leute poppen mit 15, und kriegen Kinder mit 30). Man muss Kinder nicht haben, anders als früher. Deswegen, so verstehe ich die Argumente für ein neues Recht der Vaterschaft, ist es nicht vertretbar, dass Männer dazu gezwungen werden können.

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