Werbung zum Muttertag zielt aufs Herz.

Auch eine Mama. Hautpflegeprodukte durchaus angebracht.
Liebe Mamis, habt ihr Sonntag vor Rührung ein paar Tränen verdrückt? Ich wünsche es euch. Ein klein bisschen arbeiten Papas ja daran mit, dass die Kindergarten-Werke und Wachsmalstift-Krakeleien neben Blumenstrauß und Kaffee ans Bett wohlbehalten ankommen. Alle Eltern verstehen an diesem Tag besser, was sie an der eigenen Mutter (und dem eigenen Vater) hatten. Der Job ist anspruchsvoller, als man aus der Froschperspektive geglaubt hat. Wenn es nicht verstecktes Selbstlob wäre, würde ich sagen: Wow, Mama. Coole Nummer. Eltern haben es nicht leicht. Meine Zurückhaltung täte anderen ganz gut, die eigentlich nichts verloren haben am Muttertagsfrühstücksbett: Firmen wie Nivea oder Procter&Gamble, die keine Gelegenheit auslassen, auf Mamas Tränendrüse zu drücken. Denn mit Emotionen verkauft man Seife und Babyöl. Das ist mittlerweile ein beliebtes Werbemuster, und Schuld daran sind nicht zuletzt die sozialen Medien.Gemeckert habe ich darüber schon öfter: Nivea hat zum Muttertag letztes Jahr und zu Weihnachten zwei Spots von ihrerer Agentur Labamba machen lassen. Beide sind perfekt und emotional hoch effektiv. Man heult. Man klickt und teilt. Schöne für die Firma, denn billiger kann man Werbung kaum machen. Nivea hatte sich ein bisschen Ärger eingehandelt, weil in ihren Spots kein Papa vorkam. Aber das war vielleicht nicht mal absichtlich: diese Art von Spots zielt auf die Damen, die das Portmonnaie zückt, wenn es an den Einkauf von Pflegeartikeln geht. Mama eben.



Amanda Hess, Bloggerin auf Slate.com, nennt diese Masche sexistisch. Die Spots (hier bringt sie zwei Beispiele, die wieder einmal sehr wirkungsvoll sind - aber wenn man sie mit denen von Nivea vergleicht und dem von Honey Maids, über den ich bereits gemotzt habe), dann erkennt man schnell, dass die Macher allesamt die gleiche Masche bedienen: süße Babys, putzige Aufnahmen, Weichzeichner und Voice-Over-Texte, sogar die hell-pastelle Farbpalette ist die gleiche) reduzieren Mama auf ihre Rolle als Pflegerin und Behüterin. Dass hinter diesen Frauen komplexe Persönlichkeiten stehen, ist ja auch nicht wichtig für die Rolle als Mama, oder? Dass Papa die gleichen Sachen macht, vielleicht sogar manchmal noch mehr, würde den Spot auch nur stören. Also raus mit ihm. Hess' Fazit ist das gleiche wie meines: diese schmierigen Seifenheinis sollten ihre Spots für sich behalten, und zwei Wege dazu sind a) nicht zu klicken/liken/teilen und b) Papa zum Einkaufen zu schicken. Wenn die neue Wirklichkeit des Elternseins (die zugegebenermaßen noch im Werden ist) an der Supermarktkasse ankommt, dann hört das auch auf mit den Muttertagswerbungen.

Wobei ich gespannt bin, wie eine Nivea-Vatertagswerbung aussieht. Oder kommt die dann eher von einer Brauerei? Wenn ich der Werbefuzzi wäre, ich würde die Radtour filmisch in Szene setzen: Vater und Sohn/Tochter/Kinderschar, gemeinsam auf Abenteuertour an dem gemeinsamen freien Tag. Vielleicht bekommt Papa am Abend, wenn die Racker im Bett sind, ja doch noch ein Bier. Hey, inBev, haben wir einen Deal?

Nachtrag: der Nivea-Vatertagsspot und einer von Philips sind inzwischen erschienen: siehe "Danke, Nivea. Aber Philips kann den Vatertags-Spot besser."

Bilder von Sri Dhanush

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