Taugt das Nachläufer-Fahrrad für Kinder? EIn Erfahrungsbericht.

Wie bringt man Kinder zur Schule, zu ihren Terminen oder einfach nur ins Schwimmbad, Kino, zu Freunden. Ohne ständig mit dem Auto zu fahren, kann das komplizert werden. Das Fahrrad ist in vielen die beste Alternative: schnell, unkompliziert und felxibel. Für die ganz Kleinen gibt es Kindersitze und Anhänger, für die Teens das eigene Fahrrad. Aber wie kommt man mit einer Siebenjährigen 5 km in die Schule? Zu groß für den Anhänger, aber noch nicht fit genug, um in einer vernünftigen Zeit so weit zu fahren (geschweige denn ohne zu jammern und zu meckern). Ich habe eine Lösung für uns entdeckt: das Nachläufer-Fahrrad (auch: Tag-Along oder Schattenvelo). Mit ein paar Einschränkungen kann ich es weiterempfehlen. Aber zuerst einmal: was genau ist ein Nachläufer-Fahrrad?
Ein Nachläufer-Fahrrad


Nachläufer-Fahrrad: ein halbes Rad, mehr als ein Tandem

Das Nachläufer-Fahrrad ist quasi die hintere Hälfte eines Kinder-Fahrrads, fest verbunden mit der Sattelstange des Eltern-Fahrrads. Ein Scharnier ermöglicht, dass der Nachäufer in Kurven links oder rechts ausschert. Der Bejonett-Verschluss täuscht: man kann den Nachläufer nicht einfach ohne Gefummel abnehmen. Das Einsetzen der Beilegscheiben braucht ein paar Minuten, Fingerspitzengefühl und Seife zum Händewaschen danach.
Die Kupplung des Nachläufer-Fahrrads an der Sattelstange

Vorteile: schnell, Spaß, sicher im Verkehr

Die Vorteile des Nachläufer-Fahrrads gegenüber dem eigenen Kinderfahrrad oder dem Fahren im Anhänger sind überzeugend: Elternfahrer ("Elfi") und Kind kommen schnell voran - quasi so schnell wie Mama oder Papa alleine wären. Ich schätze, dass der Nachläufer plus Kind etwa 10 % der Geschwindigkeit klauen (Windwiderstand, Rollwiderstand). Meistens ist die Unterstützung durch meine Tochter nicht so groß, dass sie das ausgleicht. Wenn sie alleine strampelt und sich mächtig ins Zeug legt, schaffen wir schonmal 20 km/h für ein paar Senkungen. Meistens macht sie sich es hinter mir gemütlich und erzählt mir Geschichtenn

Das ist ein großer Vorteil gegenüber Anhänger oder Solo-Fahrrad: man kann besser kommunizieren. Im Anhänger verstehe ich meist kein Wort von dem, was sie erzählt. Auf ihrem eigenen Fahrrad nur dann, wenn sie neben mir fährt - und das ist verkehrstechnisch oft riskant.

Die Sicherheit im Straßenverkehr ist ein weiterer Pluspunkt: ich muss mir keine Sorgen machen, dass meine Prinzessin übersehen wird, auf die Fahrbahn gerät oder andere Fehler macht, die sie in die Schussliene eines Autos bringen. Wir fahren so sicher, wie ich fahre. Vor allem im Stadtverkehr spart mir das graue Haare und die eine oder andere Schrecksekunde.

Der größte Vorteil aber ist der Spaß. Ich fahre gerne Rad, in der Freizeit wie auf dem Arbeitsweg. Mit meinen Kindern zusammen ist es nochmal besser. Mit dem Nachläufer-Fahrrad können wir am Wochenende ganz locker 20 Kilometer weit fahren - und es macht uns beiden Spaß.
Der Sitz, die starre Lenkerstange, der Korb. Ein Helm muss sein.

Zu bedenken: man braucht Übung

Leider ist das Nachläufer-Fahrrad nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Kleinere Probleme bereitet mir die Kupplung, wegen der ich meinen Sattel unangenehm hoch einstellen muss. Das gibt Schielen an unangenehmen Stellen, und ich kriege irgendwann Schmerzen in den Füßen, wenn ich bei jedem Tritt mit den Zehenspitzen pushe.

Ich glaube auch nicht, dass die Kupplung auf Dauer der Belastung gewachsen ist. Mit 20 Kg Gewicht wirken erhebliche Scherkräfte auf das (zugegeben gut verarbeitete) Stück Metall. Schon jetzt musste ich Beilegscheiben zwischenlegen, weil die Kupplung durch diese Belastung verbogen war und zu viel Spiel hatte. Ich vermute, dass wir alle zwei Jahre Ersatz brauchen - und da bringt auch ein anderer Hersteller nicht viel. Diese Stelle ist ein fundamentaler Schwachpunkt.

Der größte Nachteil ist aber, dass man zum Fahren eines Nachlaäufer-Fahrrads ein geübter Fahrer sein muss. Dadurch, dass das Kind nicht (wie bei einem normalen Tandem) synchron tritt, sondern seinen eigenen Rhythmus finden kann, wackelt es ganz erheblich links und rechts. Die Folge: das Elternfahrrad eiert gute 15 cm von Seite zu Seite. Nun bin ich wirklich fit auf dem Rad und kann diese Schwankungen ausgleichen. Aber ich bin mir sicher, dass viele Fahrer nicht klar kommen mit dem unvorhersehbaren Verhalten des Nachläufer-Fahrrads. Irgendwann fahren sie mal in einen Laternenpfosten, oder streifen ein entgegenkommendes Fahrrad. Autsch.

Fazit: Tolle Sache, aber nicht für jeden.

Für uns ist das Nachläufer-Fahrrad eine Offenbarung. Trotz seiner Nachteile bietet es unterm Strich ein Plus an Sicherheit und es erhöht die Reichweite meiner Tochter erheblich (wir müssen Morgens rund 7 km bis zur Schule kommen, und das Auto ist aus Stau-Gründen keine Alternative). Es ist nicht teuer, hält hoffentlich lange genug und macht Spaß. Wer sich zutraut, mit einem Nachläufer-Fahrrad umzugehen, sollte es für Kinder zwischen 6 und 9 Jahren durchaus probieren.

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