Rezension: Die Muppets

Deutschland versteht die Muppets nicht. Oder vielmehr: wer sie hierzulande nur aus dem Fernsehen kennt, synchronisiert und bowdlerisiert, der hat wahrscheinlich keine Ahnung, wie dreckig und anarchistisch die Puppenbande war. Es war quasi eines ihrer Gütesiegel, dass Papa und Kind sich amüsierten: der Junior über den Slapstick, und der Vater über die "Ich kann nicht glauben, dass ein Muppet so was gesagt hat"-Momente. Ein Beispiel: "I hope that something better comes along". Kaum eine familienfreundliche Botschaft. In den USA bringen sie auch heute noch die konservativen Medien gegen sich auf - und keilen unverzagt zurück (wenn das nicht alles ein PR-Gag war).

Nun hat sich Disney die Rechte an den Muppets gesichert und nach ein paar Jahren tatsächlich was damit angestellt: Die Muppets, ein Retro-Relaunch der Original-Serie. Ich habe mir ernsthaft Sorgen gemacht, dass Disney die Plüschmonster so brav und harmlos wiedererfindet, wie sie hierzulande schon immer waren. Vor allem auch, weil die frühen Promo-Materialien einen neuen Muppet namens Walter zeigten, der schon optisch gegen die haarigen Chaoten nicht anstinken kann. Dazu kamen zwei menschliche Hauptdarsteller (Amy Adams und Jason Segel), die so konservativ wirkten wie TV-Prediger. Oh S**t, das Ende der Muppets ist gekommen.

Aber Pustekuchen. Hollywood hat gezeigt, warum es die Kino-Welt regiert, und einen Geniestreich abgeliefert: The Muppets ist chaotisch, frech, böse - und süß, witzig und brav gleichzeitig. Vater und Sohn können auch 2012 noch nebeneinander im Kino sitzen und beide vom gleichen Film begeistert sein. Der Junior lacht über Miss Piggy, die ein fieses Double zu Boden kickt. Papa lacht über die Showgirls, die offenbar den ganzen Tag lang voll aufgetakelt im Vorzimmer des Bösewichts Rich Richmann sitzen und nur darauf warten, dass er seine üblen Pläne in einer Gesangs- und Tanzeinlage erläutert. Nach deren Abschluss verziehen sie sich wieder ins Kabuff, glätten Pailletten-BH und Federschmuck und lesen gelangweilt in einer Hochglanzzeitschrift.

Die Muppets rocken also, von den Altstars Fozzie und Kermit bis hin zu Neuentwicklungen wie dem "80er Jahre Roboter" und, faszinierenderweise, Walter. Er, zusammen mit Adams und Segel, vollbringen einen besonderen Kunstgriff: sie tragen die Handlung, haben eine Art Dreiecksbeziehung am Laufen, und sind dabei so brav, sauber und unschuldig, dass es schon wieder witzig ist. Ich kann mich nicht erinnern, je einen menschlichen Gaststar bei den Muppets gesehen zu haben, der so perfekt passt.

Was bedeutet das für den Elternteil an einem verregneten Samstagnachmittag? Sind die neuen Muppets ihr Geld wert? Werden die Kinder sich zu Tode langweilen, ängstigen, oder Sachen lernen, die sie besser nicht gelernt hätten? Wie man aus den Zeilen oben schon erkennen kann, empfehle ich den Film auch in seiner deutschen Fassung uneingeschränkt. Gerade wenn man mehrere Altersklassen von Bambini unter einen Hut bringen muss, ist der Film wesentlich besser für einen Kinobesuch geeignet als etwa Lauras Stern und ähnlicher Käse. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie hardcore-pubertierende Teenager den Film aufnehmen (der Erwachsenenhumor ist vielleicht noch etwas zu hoch für eine/n Dreizehnjährige/n), aber für Kleinere und Größere sind die Muppets das Beste, was ihnen diesen Winter im Kino passieren kann.

Ein Nachtrag: die Promo-Website des Filmes ist sehenswert, und der Oscar für den Song "Man or Muppet" geht voll in Ordnung.

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