Wissenschaft kann so grausam sein
Manchmal müssen Wissenschaftler ziemlich grausame Dinge tun. Ich kenne eine Biologin, die für eine Studie vier Wochen lang ein Dutzend Sittiche füttern musste, die danach alle unters Messer kamen, um ihre Hirnentwicklung zu vergleichen. Ein anderer Biologe hatte lange Zeit nichts anderes zu tun als Insekten zu fangen, zu zählen und ihre Kadaver zu entsorgen. In meiner Zeit als Medienforscher musste ich mir persönlich und meinen Testpersonen Steffelweise Daily Soap-Folgen antun. Auch nicht sehr schön.
Aber ein Dr. Kochanska et al. von der University of Iowa waren schon besonders fies: sie gaben ihren Testpersonen, kleinen Kindern in diesem Fall, ein Spielzeug in die Hand, und betonten, wie wichtig und wertvoll es ihnen sei. Doch die falschen Forscher hatten das Stück vorher so präpariert, dass es in der Hand des Kindes in kürzester Zeit spektakulär zerbrechen musste. Die Wissenschaftler setzten sich also daneben, sahen zu wie der kleine Krabbler das vermeintlich kostbare Stück in Trümmer legte und nahmen sich 60 Sekunden Zeit, seine Reaktion zu beobachten: Verlegenheit, Schuldgefühle, Tränen.
Erst dann, nach dieser sadistischen Wartezeit, beruhigten sie das Kind. Sie trösteten es, dass der Schaden nicht seine Schuld gewesen sei und "reparierten" das Spielzeug demonstrativ.
Warum diese Scharade? Es ging Kochanska und seinem Team darum, den Einfluss von Schuldempfindung auf die soziale Entwicklung des Kindes zu messen. Wie zu erwarten war, hatten Kinder, die deutlichere Zeichen von Schuld an den Tag legten, in den nächsten Monaten und Jahren weniger Fälle von "disruptive conduct" - störendem oder schädlichem Verhalten also. Interessant war dabei, dass dieser Effekt nur bei solchen Kindern zu Tage trat, die keine ausgeprägte Selbstkontrolle hatten. Es wird angenommen, dass diejenigen Kinder, die sich selber nicht so gut im Griff hatten, stattdessen den natürlichen moralischen Tritt in den Hintern brauchten, den ihre Schuldgefühle ihnen verpassten.
Wie können wir Eltern dafür sorgen, dass unsere Sprößlinge diesen moralischen Impuls haben? Und sollten wir das überhaupt? Wer keine Schuld kennt, bringt es im Leben manchmal weiter. (Aktuelle Beispiele aus der Finanzwelt und Politik kommen mir in den Sinn...)
Wie es scheint, liegt das nicht in unserer Hand. Psychologe June Tangney, von der George Mason University, exkulpiert uns diesbezüglich. Es gäbe keinen Hinweis, dass eine Neigung zu starken oder schwachen Schuldgefühlen durch Erziehung oder elterliche Einwirkung beeinflusst wird. Das schlechte Gewissen scheint uns als angeboren.
Erst dann, nach dieser sadistischen Wartezeit, beruhigten sie das Kind. Sie trösteten es, dass der Schaden nicht seine Schuld gewesen sei und "reparierten" das Spielzeug demonstrativ.
Warum diese Scharade? Es ging Kochanska und seinem Team darum, den Einfluss von Schuldempfindung auf die soziale Entwicklung des Kindes zu messen. Wie zu erwarten war, hatten Kinder, die deutlichere Zeichen von Schuld an den Tag legten, in den nächsten Monaten und Jahren weniger Fälle von "disruptive conduct" - störendem oder schädlichem Verhalten also. Interessant war dabei, dass dieser Effekt nur bei solchen Kindern zu Tage trat, die keine ausgeprägte Selbstkontrolle hatten. Es wird angenommen, dass diejenigen Kinder, die sich selber nicht so gut im Griff hatten, stattdessen den natürlichen moralischen Tritt in den Hintern brauchten, den ihre Schuldgefühle ihnen verpassten.
Wie können wir Eltern dafür sorgen, dass unsere Sprößlinge diesen moralischen Impuls haben? Und sollten wir das überhaupt? Wer keine Schuld kennt, bringt es im Leben manchmal weiter. (Aktuelle Beispiele aus der Finanzwelt und Politik kommen mir in den Sinn...)
Wie es scheint, liegt das nicht in unserer Hand. Psychologe June Tangney, von der George Mason University, exkulpiert uns diesbezüglich. Es gäbe keinen Hinweis, dass eine Neigung zu starken oder schwachen Schuldgefühlen durch Erziehung oder elterliche Einwirkung beeinflusst wird. Das schlechte Gewissen scheint uns als angeboren.
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