Rezension: A Long Way Down

Wollten wir nicht alle schon mal Schluss machen? Vom Dach springen, eine Überdosis schlucken, einen Abschiedsbrief auf dem Brückengeländer hinterlassen? Nicht? Keine Widerrede. "A Long Way Down" (Kinostart am 3.4.) basiert darauf, dass wir alle unseren Inneren Lemming persönlich kennen. Wenn nicht, dann hilft der Besuch des Films. Danach will man sich vielleicht doch aus dem Jammertal Erde befreien. Oder zumindest dem Kino.

Hauptschuldiger daran ist eine Mutter.Vielleicht bin ich auch zu kritisch. Vielleicht hätte ich mich zurück lehnen sollen und versuchen, mir keine Gedanken zu machen über die Art und Weise, wie "A Long Way Down" geschrieben ist. Vielleicht hätten noch zwei Bier mehr dabei geholfen. Aber die Wahrheit ist: der Film ist öde, und wenn man geistig in der Nase bohrt weil minutenlang nichts Unerwartetes, Anrührendes oder Spannendes auf der Leinwand passiert, dann fördert man eben unansehnliche Sachen zu Tage. Wie etwa die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass eine 51-Jährige, die ihr Leben lang für einen geistig behinderten Sohn sorgt, von einem Hochhaus springen würde. Wenn schon nichts sonst, dann widerspricht es den Statistiken über Selbstmord (Männer sind der Typ für gewalttätige Suizide, Frauen nicht). Und so wie die Rolle von Maureen angelegt ist, würde sie eben nicht durch maskulines Verhalten auffallen.

Im Endeffekt ist Maureen nur eine Schablone für alle Menschen, die sich fragen ob Sie sich nicht zu sehr für andere aufopfern. Das können Frauen ebenso sein wie Männer. Es ist eine Frage, die sich alle Eltern stellen. Weil Hornby aber keine Lust auf Subtiles hat, nutzt er die platteste, klischee-beladenste Figur, die ihm einfällt. Eine einsame Mutter eines pflegebedürftigen Kindes. Das ist fast zynisch. Und es hilft auch nicht, die Frage zu beantworten.

Aber der Film geht eben davon aus, dass sich vier ganz normale Leute zufällig beim Selbstmordversuch auf dem Dach eines Hochhauses treffen. Also hat Hornby Maureen dorthin geschrieben. Ich mag den Mann ja - "About A Boy" war ein netter, verwirrter aber ansprechender Film. Doch in "A Long Way Down" zieht er zu viele Kitsch-Register ohne Zusammenhang, und seine Story ist nicht stark genug, sie alle zu tragen. Schon zu Beginn, auf dem Dach, ächzt sie ganz gehörig. Spätestens beim Traumurlaub am Strand ist dann Schluss mit der Glaubwürdigkeit. Eine sexy Paparazzine, die einen der gescheiterten Selbstmörder beim Schäferstündchen aushorcht? Das klingt nach WW2-Schmozetten.

Auch nicht überzeugender ist die zweite Eltern-Kind-Story: Jess und ihr Vater, der Minister. Der Mann kommt als völlig vernünftiger und liebenswerter Kerl rüber. Ihr Konflikt mit ihm (und damit der Grund, warum sie am Rad dreht und zwischen Drogen, Partys und Selbstmord hin- und herspringt wie eine rosa Flipperkugel) wird nicht klar. Darf auch nicht - er ist viel zu kompetent als Ursache eines Dramas. Also rebelliert Jess vor sich hin und man fragt sich warum. Hübsch anzuschauen ist es dennoch.

Die beiden Single-Männer im Quartett der Nicht-Springer, Martin und JJ, sind komplett farblos. Vor allem letzter ist nur verschenktes Zelluloid. Nun ist der Film offenbar für ein weibliches Publikum gedacht, und man muss nicht erwarten, dass die Figuren mit männlichen Augen attraktiv sind. Aber bitte doch mindestens interessant. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kinogängerinnen damit zufrieden sind.

Es bleibt zu hoffen, dass "A Long Way Down" einen anderen Weg geht als seine Protagonisten und aus den Kinocharts abstürzt, um hart im Regal der DVD-Discounter zu landen. Die Chancen stehen gut, dass bessere Filme den Platz auf der Leinwand einnehmen. Ich freu mich zum Beispiel schon jetzt auf den Lego-Movie, der eine Woche später erscheint.

Foto unter Creative Commons Lizenz von bokehaddict

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