Laternenwichtel

Nur vorweg: so hat ein gescheites St. Martin auszusehen.

Kindergeburtstag, St.-Martins-Zug, Elternbeiratsvorsitz. Worte, die selbst hartgesottene Eltern erschauern lassen.
Den 11.11. haben wir ja nun überstanden, ich habe auf dem Heimweg keinen einzigen kleinen Zwerg mit Laterne überfahren (und dabei haben die es echt drauf angelegt), und meinem eigenen Umzug - morgen, arbeitnehmerfreundlich am Freitag - blicke ich mit Gelassenheit entgegen. Schlimmer als die Sache mit dem Laternenstöckchen kann es gar nicht mehr werden.

Warum ich das sage? Um das zu erklären muss ich ein Jahr in die Vergangenheit gehen.
"Papa", sagt die Frau Mama "geh und kauf einen Laternenstock. Ohne Musik."
"Musik?" fragt Papa.
"Ohne Musik! Du hörst mir nie zu!"
"Ich wusste nicht, dass die mit Musik sein können."
"Weil Du dich nie für was interessierst!", usw usf. Papa kommt nicht dazu einen Stock zu kaufen, weil ihm Oma noch am nächsten Morgen zuvorkommt. Papa ist am Martinstag auf Geschäftsreise und verpasst den schönen Termin.
"Erzähl, wie wars?", fragt Papa.
"Frag nicht", meint Mama. Das Wetter war nicht gut, das Kind wollte nicht laufen, die anderen Eltern sind blöd.
"Na wenigstens haben wir jetzt einen Laternenstock. Den können wir ja nächstes Jahr wieder verwenden", hofft Papa.

Ein Jahr später:
Der Laternenstock ist kaputt. Die Batterieverschlusskappe fehlt. Papa will das Geld für einen neuen sparen und bastelt mit Klebeband einen Ersatz. Dazu muss er ein Cent-Stück als Kontakt hernehmen. Spät Abends testet er die Laterne. Sie brennt. Papa ist stolz.
Mama begutachtet den Stab. "Warum ist denn der Griff so warm?", fragt sie. Papa erschrickt. Der Plastikgriff ist tatsächlich heißer, als es die Witterung erlaubt. Schnell baut er seine Kreation auseinander und nimmt statt des Centstückes ein anderes, leitfähigeres Material. "Hoffentlich hilfts", betet er.

Drei Tage vor dem Umzug überrascht ihn seine Frau ein weiteres Mal. "Du, kann ich den Stecken der Alice leihen?"
"Ja sicher, warum? Geht er etwa nicht"
"Weiß ich nicht. Nicht?"
"Doch! Doch!"
"Na dann. Die Birgit hat nämlich keinen mehr gekriegt, die sind alle ausverkauft, und die hat übermorgen mit dem James ihren St.-Martins-Umzug."
"OK, ist ja kein Problem.", meint Papa.
"Geht der denn auch wirklich?"
Die beiden Eltern gehen testen. Der Stecken funktioniert. Papa lehnt sich zurück.

Zwei Tage danach hat Mama eine neue Nachricht.
"Du, die Oma hat jetzt einen Laternenstecken gekauft."
"Was? Aber wir haben doch schon einen", protestiert Papa undiplomatisch. Er ist in seiner Bastlerehre verletzt.
"Ja, aber den müsste mir die Alice heute in der Arbeit wieder geben", erklärt Mama. "Und ich hab heute lauter Auswärtstermine. Da möchte ich nicht den ganzen Tag mit dem Stecken in der Hand rumlaufen."
Wieder zehn Euro dahin!, ärgert sich Papa, und schwört, nächstes Jahr eine besondere Laterne für seinen (sicherlich davon begeisterten) Sohn vorzubereiten:
Und bis dahin hoffe ich, dass wir nicht spät Abends einen Anruf von Alice kriegen. "Was war denn das für ein blöder Laternenstecken! Jetzt hab ich Brandblasen an der Handfläche."

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